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2.1 Geophysikalische Grundlagen

 

2.1.1 Das Erdmagnetfeld

Nach C. F. Gauss läßt sich das an der Erdoberfläche gemessene magnetische Feld in zwei Anteile zerlegen. Dies geschieht mit Hilfe einer Entwicklung nach  Kugelflächenfunktionen. Die Quellen des ersten Anteils, der ca. 99% des Gesamtfeldes ausmacht, liegen im Erdinneren, die des zweiten Anteils liegen in der  Ionosphäre und der  Magnetosphäre.

Da als Magnetfeldquelle ein Permanentmagnet wegen der hohen Temperatur im Erdinneren nicht in Frage kommt - bereits ab etwa tex2html_wrap_inline4520 Tiefe wird die  Curie-Temperatur ferromagnetischer Mineralien überstiegen - muß das  Erdmagnetfeld durch Ströme erzeugt werden, deren Dimensionen nicht mehr im Mikroskopischen liegen können. Dies führte zur Entwicklung der sogenannten  Dynamotheorie des Permanentmagnetfeldes der Erde [Els58]. Die  Konvektionsbewegungen im Erdkern rufen allerdings kein unmittelbares magnetisches Dipolfeld hervor. Dieses bildet sich erst als Sekundäreffekt durch Wechselwirkung zwischen dem durch  Konvektionsbewegung hervorgerufenen Feld und weiteren Materiebewegungen aus [Ker69].

Das  Erdmagnetfeld läßt sich vektoriell in eine horizontale und eine vertikale Komponente zerlegen. Den Winkel zwischen der Richtung des Erdmagnetfeldes und der Erdoberfläche bezeichnet man als  Inklination. In unseren Breiten beträgt sie 65 °. Die  Deklination oder auch magnetische Mißweisung beschreibt den Winkel zwischen dem geographischen Nordpol und der Vertikalkomponente des Magnetfeldes der Erde. Die Totalintensität des Magnetfeldes beträgt in Bonn ca. tex2html_wrap_inline4524. Ein nT wird in der älteren Fachliteratur häufig mit tex2html_wrap_inline4528 (Gamma) bezeichnet.

Die langsame Änderung des Hauptfeldes, die sogenannte  Säkularvariation, ist für eine magnetische Prospektion von keinerlei Bedeutung. Sie ist auf eine vergleichsweise langsame Änderung des magnetischen Innenfeldes zurückzuführen. Störend wirken sich hingegen  Tagesvariationen,  Mikropulsationen und  Magnetstürme aus, da sie kurzzeitige Magnetfeldschwankungen von mehreren hundert nT auslösen können. Sie werden durch Variationen des magnetischen Außenfeldes erklärt. Dem kann man zum einen mit einer Messung des  Tagesganges begegnen, mit dessen Hilfe man die Meßdaten korrigieren kann. Zum anderen lassen sich diese Störungen sehr gut durch eine Gradiometeranordnung eliminieren, wozu man aber eine zweite Meßsonde benötigt. Trotzdem sollte man während eines Magnetsturms eine magnetische Prospektion wegen der Stärke der Magnetfeldschwankungen unterlassen. Die  Tagesvariationen werden in solare und lunare Variationen unterschieden. Die solaren Variationen erreichen gegen Mittag ihren Höhepunkt und sind mit tex2html_wrap_inline4532 bis tex2html_wrap_inline4534 etwa zehnmal größer als die lunaren Variationen. Sie werden durch Kreisströme in der  Ionosphäre hervorgerufen. Diese beiden Induktionsstromsysteme entstehen dadurch, daß sich die Hochatmosphäre mit der Tageserwärmung und den Sonnen- und Mondgezeiten im  Erdmagnetfeld hebt bzw. senkt. Ströme, die zu einer Magnetfeldänderung von tex2html_wrap_inline4536 am Erdboden führen, haben eine Stärke von tex2html_wrap_inline4538 [Ger95]. Unter  Mikropulsationen versteht man erdmagnetische Variationen zwischen tex2html_wrap_inline4540 und tex2html_wrap_inline4542. Sie entstehen am Rande der  Magnetosphäre, breiten sich bis zur  Ionosphäre aus und werden von dort als elektromagnetische Wellen zum Erdboden abgestrahlt.  Magnetstürme sind eng an sehr hohe Sonnenaktivitäten gekoppelt. So beobachtet man im Zusammenhang mit Magnetstürmen  Sonneneruption. Es handelt sich also um die Magnetfeldwirkung einer an die  Magnetosphäre heranrückenden solaren Partikelwolke [Ker69].


2.1.2 Magnetische Eigenschaften von Böden

 

Magnetisierung

Ein  Magnetfeld tex2html_wrap_inline4544 besitzt im Vakuum die   magnetische Flußdichte tex2html_wrap_inline4546
(tex2html_wrap_inline4548). Wenn man Materie einem magnetischen Fluß tex2html_wrap_inline4550 mit der magnetischen Flußdichte tex2html_wrap_inline4552 aussetzt, dann beginnen um die Flußrichtung herum mikroskopische Kreisströme zu fließen. Man spricht dann von der  Magnetisierung der Materie. Sie ist als  magnetisches Moment tex2html_wrap_inline4554 pro Volumeneinheit V definiert:
equation105
Das Verhältnis zwischen magnetischer Flußdichte mit Materie tex2html_wrap_inline4558 und der magnetischen Flußdichte ohne Materie tex2html_wrap_inline4560 bezeichnet man als  Permeabilität tex2html_wrap_inline4562 [Ber87]:
equation112
Wenn man nun die zusätzliche, von der Materie herrührende magnetische Feldstärke als additive Größe hinschreibt erhält man mit tex2html_wrap_inline4564 für die  Magnetisierung:
 equation118
Analog zu 2.3 geht man für die magnetische Flußdichte vor und erhält die  magnetische Polarisation tex2html_wrap_inline4566:
equation124
Die  Permeabilität tex2html_wrap_inline4562 ist bei Stoffen, die nicht ferromagnetisch sind, nur sehr wenig von eins verschieden. Deshalb benutzt man häufiger die  Suszeptibilität tex2html_wrap_inline4570:
equation129
Sie bestimmt das magnetische Verhalten der Materie. Da diese jedoch sehr unterschiedliche magnetische Eigenschaften aufweist, muß man folgende Arten von  Magnetismus unterscheiden [Ger95]:

             
  1. Diamagnetismus  
  2. Paramagnetismus  
  3. Ferromagnetismus  
  4. Antiferromagnetismus  
  5. Ferrimagnetismus  
  1: Die   Suszeptibilität diamagnetischer Stoffe ist kleiner null und liegt größenordnungsmäßig im Bereich von tex2html_wrap_inline4572. Schiebt man einen diamagnetischen Stoff in ein Magnetfeld, so entstehen in ihm widerstandslose Kreisströme, die ein magnetisches Feld hervorrufen, das dem ursprünglichen entgegengesetzt ist. Vereinfacht kann man sich das so vorstellen, als rotiere das gesamte Atom mit seiner Elektronenhülle um die Magnetfeldrichtung mit der  Larmorfrequenz tex2html_wrap_inline4574. Der Gegenstand erfährt eine repulsive Kraft.

  2: Im Gegensatz zum Diamagnetismus werden paramagnetische Stoffe ins Magnetfeld hineingezogen. Sie magnetisieren sich also in Feldrichtung. Die Suszeptibilität ist stets positiv und feldunabhängig. Man kann sich paramagnetische Substanzen aus kleinen, ungeordneten Dipolen bestehend vorstellen, die sich in einem äußeren Magnetfeld in Feldrichtung ausrichten. Dem wirkt jedoch die thermische Bewegung entgegen. Nach dem Gesetz von Pierre Curie zeigt sich eine reziproke Temperaturabhängigkeit:
equation165
Da dieser Effekt stärker als der Diamagnetismus ist, überdeckt er diesen bei paramagnetischen Materialien meistens völlig.

  3: Die Atome oder Moleküle ferromagnetischer Stoffe besitzen - wie die Atome oder Moleküle diamagnetischer Stoffe auch - ebenfalls permanente magnetische Momente. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, daß in Ferromagnetika die Wechselwirkung zwischen den einzelnen magnetischen Momenten so stark werden, daß sie der ungeordneten Wärmebewegung entgegenwirken. Dies äußert sich in einer spontanen Magnetisierung des Körpers. In einem äußeren Magnetfeld der Flußdichte tex2html_wrap_inline4552 nehmen ferromagnetische Materialien eine sehr hohe magnetische Polarisation tex2html_wrap_inline4566 an, die tex2html_wrap_inline4552 gleichgerichtet ist. Die große  Permeabilität dieser Stoffe ist aber sehr stark vom äußeren Feld und der Vorgeschichte des Materials abhängig. Eine vorhandene Magnetisierung bleibt auch beim Wegfall des äußeren Feldes erhalten. Es handelt sich hierbei um die sogenannte   remanente Magnetisierung. Das Feld, das nötig ist, um die Magnetisierung aufzuheben, bezeichnet man als  Koerzitivfeld. Im Gegensatz zu paramagnetischen Substanzen zeigen Ferromagnetika keinen linearen Zusammenhang zwischen ursprünglichem und resultierendem Feld. Materialien dieser Art durchlaufen beim Anlegen eines Wechselfeldes eine Hysteresiskurve. Aus ihr kann man die Remanenzmagnetisierung, das Koerzitivfeld und die Sättigung ablesen. Diese ferromagnetischen Eigenschaften gehen aber bei Überschreitung der sogenannten   Curie-Temperatur tex2html_wrap_inline4582 verloren, und der Stoff wird paramagnetisch. Sinkt die Temperatur wieder unter die Curie-Temperatur, so richten sich die magnetischen Momente in Feldrichtung aus und werden bei Erreichen der  Blockungstemperatur tex2html_wrap_inline4584, die knapp unter der Curie-Temperatur liegt, in dieser Richtung ,,verblockt``. Die bekanntesten ferromagnetischen Elemente sind Eisen, Nickel und Kobalt.
    4: Manche Stoffe besitzen eine kritische Temperatur tex2html_wrap_inline4586, die nach ihrem Entdecker  Néel-Temperatur genannt wird. Oberhalb dieser Temperatur tex2html_wrap_inline4586 folgt die  Suszeptibilität folgendem Gesetz:
equation199
tex2html_wrap_inline4590 bezeichnet hierbei eine materialabhängige Temperaturkonstante. Unterhalb der Temperatur tex2html_wrap_inline4586 sinkt die Suszeptibilität wieder ab. Sie erreicht bei tex2html_wrap_inline4586 also ihr Maximum. Dieses Verhalten bezeichnet man als antiferromagnetisch und deutet es folgendermaßen: Die Elektronenspins sind bei tiefen Temperaturen im Gitter paarweise antiparallel ausgerichtet und damit nach außen hin magnetisch neutral. Steigt nun die Temperatur an, wird diese Ordnung aufgelockert und bricht bei Erreichen der  Néel-Temperatur völlig zusammen. Oberhalb dieser Temperatur verhält sich das Material wie ein Paramagnetikum, da die Spins nun nur noch der Wärmebewegung ausgeliefert sind.

 

  5: In einigen Gitterstrukturen sind benachbarte Spins antiparallel ausgerichtet, aber verschieden groß. Die magnetischen Momente kompensieren sich also nicht völlig, sondern nur zu einem gewissen Bruchteil, so daß ein magnetisches Moment resultiert. Diese Ferrimagnetika kommen sehr häufig in oberen Bodenschichten vor und spielen deshalb eine große Rolle in der magnetischen Prospektion. Zwei für die magnetische Prospektion wichtige Stoffe dieser Art sind  Magnetit  (tex2html_wrap_inline4596) und  Maghämit  (tex2html_wrap_inline4600-tex2html_wrap_inline4602). Maghämit ist die kubische, ferrimagnetische Modifikation von Hämatit
  (tex2html_wrap_inline4612-tex2html_wrap_inline4602), das antiferromagnetisch ist.    

 

Le Borgne-Effekt

Da Feuerstellen sehr gut prospektierbar sind, suchte man eine Erkärung für diesen Effekt. Ursache hierfür ist eine erhöhte Maghämitkonzentration an der Bodenoberfläche. Le Borgne erklärt diese hohe Konzentration durch Reduktion (Erhitzung in Anwesenheit organischen Materials) von  Hämatit oberhalb von tex2html_wrap_inline4616 zu Magnetit. Beim Abkühlen an Luft soll  Magnetit dann später zu  Maghämit oxidiert werden (Le Borgne-Effekt) [LeB55] [LeB60]. Obwohl theoretisch denkbar [Sch59] [Shi77], ist ein Nachweis von  Maghämit aus diesem Prozeß bisher noch nicht gelungen [Faß94]. Stanjek konnte 1987 zeigen, daß unter Feuereinfluß und Anwesenheit organischen Materials  Goethit   (tex2html_wrap_inline4612-tex2html_wrap_inline4620) zu  Hämatit und  Lepidokrokit  (tex2html_wrap_inline4600-tex2html_wrap_inline4620) zu  Maghämit umgewandelt werden [Sta87]. Sowohl  Goethit als auch  Lepidokrokit kommen in heimischen Böden vor und sind beide antiferromagnetisch. Findet man erhöhte Maghämitkonzentrationen an der Bodenoberfläche, so ist zweifellos die Entstehung durch Feuer anzunehmen [Faß94]. Ansonsten kommt Maghämit häufiger in tropischen und subtropischen Böden vor [Mar51] [Sch59].

Magnetotaktische Bakterien

Eine weitere Entstehungsmöglichkeit von  Magnetit ist dessen Bildung durch Bakterien.  Magnetotaktische Bakterien  (MV-1) wurden erstmals von Blakemoore gefunden und sind seitdem aus den verschiedensten Böden bekannt [Bla75]. Magnetische Bakterien und deren  Magnetofossilien konnten von J. W. E. Faßbinder erstmals nachgewiesen werden und spielen eine große Rolle für die Prospektierbarkeit von Bodendenkmäler, die früher aus Holz bestanden [Faß94]. Eine weitere Bakterienart, die  GS-15 Bakterien, kommen zwar für die Magnetitbildung in Frage, konnten aber noch nicht aus Böden isoliert werden und sind auf ein anaerobes Milieu beschränkt [Lov87].   

Thermoremanenz

Die relativ starke Magnetisierung von gebranntem Ton wird durch die sogenannte Thermoremanenz erklärt. Brennt man den Ton, so entstehen aus den schwach magnetischen Substanzen im Ton Oxide, die zum Teil magnetithaltig sind. Durch den Brennvorgang wird der Gegenstand bei Überschreiten der  Curie-Temperatur (etwa tex2html_wrap_inline4634 für Magnetit) komplett entmagnetisiert. Kühlt er ab, so richtet sich die Magnetisierung größtenteils in Erdmagnetfeldrichtung aus, so daß eine remanente magnetische Polarisation in der Größenordnung von bis zu tex2html_wrap_inline4636 resultiert. Basalte und andere Schmelzgesteine zeigen ebenfalls eine  remanente Magnetisierung, die sie sich während des langsamen Abkühlens und Erstarrens erworben haben [Cla90].

 

Viskose Remanenz

Werden feinkörnige magnetische Stoffe über einen längeren Zeitraum einem schwachen magnetischen Feld ausgesetzt, so wächst ihr magnetisches Moment logarithmisch mit der Zeit an. Man spricht dann von   viskoser Remanenz. Unter dem Einfluß der Wärmebewegung findet ein Ausrichten des magnetischen Moments in Erdmagnetfeldrichtung statt:
equation264
Hierbei bedeutet m(t) das magnetische Moment zur Zeit t, tex2html_wrap_inline4642 das magnetische Moment zur Zeit t=0 und tex2html_wrap_inline4646 die Konstante, welche das Verhalten der magnetischen Viskosität beschreibt [Sco90].


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Peter Kretz
Thu Oct 2 17:31:53 CEST 1997